Vor mir fährt ein Junge auf dem Fahrrad, ein Brettspiel mit dem Titel ‘Jäger und Sammler’ unter den Arm geklemmt. Eine quietschrote Piaggio APE biegt knatternd um die Ecke. Von der vollbepackten kleine Ladefläche glotzt mich ein riesiges lilafarbenes Zottelsitzkissen mit Kulleraugen an. Wie ich sind sie alle an diesem schwülen Samstagvormittag losgezogen, um in den Straßen der Ortsteile von Schallstadt Schätze zu jagen und zu sammeln. Es ist nämlich Verschenketag! Das Bürgerforum Mengen, das in vergangenen Jahren mit großem Erfolg ihren Verschenkemarkt in Mengen organisiert hat, hat aus der Corona-Not eine Tugend gemacht und ist auf das Format eines öffentlichen Verschenketags umgeschwenkt. Diese Idee fand das Klimaforum Schallstadt toll und schlug vor, den Verschenketag auf alle Ortsteile der Gesamtgemeinde Schallstadt auszuweiten. Bürgerinnen und Bürger konnten einfach gut Erhaltenes, das selbst nicht mehr gebraucht wird, auf ihrem Grundstück an die Straße stellen, ein ‘Zu verschenken’-Schild dazu packen und fertig! Die Schatzsuche konnte beginnen.
Ein wenig mehr Beteiligung hätte ich mir ehrlich gesagt erhofft. Das neue Format ist wohl trotz Werbung im Mitteilungsblatt noch nicht bei allen durchgesickert. Aber für eine Premiere kann man dennoch zufrieden sein. Immer wieder findet man spannende Auslagen am Wegesrand, in den Vorgärten oder Höfen. Man trifft Bekannte und Unbekannte, die ebenfalls umherziehen, hält hier und da ein Schwätzchen und tauscht sich aus. Der Verschenketag bietet also nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit ein längeres Leben für so manchen nützlichen oder schönen Gegenstand, sondern ist auch kommunikativ und gesellig.
In meinem Fahrradanhänger tummeln sich ein paar meiner Fundstücke: ein großer Keramikblumentopf, eine Zigarrenkiste aus Holz (wird eine schöne Geschenkverpackung abgeben)… Mein Favorit ist ein Kaffeefilteraufsatz aus Keramik, der im täglichen Gebrauch das alte Plastikmodell ersetzen wird und wunderbar zu den selbstgenähten nachhaltigen Kaffeefiltern passt.
Erfreulicherweise haben sich die “Anbieter” verantwortlich an die Regeln gehalten und keine öffentlichen Wege versperrt, sowie Zurückgelassenes wieder weggeräumt. Zudem sprechen die vielen positiven Rückmeldungen für eine Neuauflage.
Mark Schätzle